Russland und seine Grenzen
Schon drei Mal führte mein Weg durch Russland: ich habe das Batikum bereist, in Sankt Petersburg und Kaliningrad gecampt und eine lange Strecke durch Russlands Süd-Westen zurückgelegt, um durch Zentralasien bis nach Tadschikistan zu gelangen. Ich kann nicht mehr sagen, wie viele Schlagbäume ich insgesamt durchqueren musste, um am Ende ins oder aus dem Land gelassen worden zu sein. Das „Niemandsland“ zwischen irgendeinem Land auf der einen und Russland auf der anderen Seite ist mit vielen Schranken, Soldaten und Glaskabinen gesäumt und immer trübe, knorrig, bitter, grau, gelangweilt und vor allem barsch und streng.
Grenzübergang nach Russland als Pokerspiel: wer lächelt, verliert
Das Betreten von russischem Grenzgebiet erinnert mich an das Spiel: Wer lächelt, hat verloren…
Und an ein Pokerspiel um Macht, Zeit, Geduld.
Auf meiner Baltikum-Tour rund um die Ostsee liegt der Übergang von Estland nach Russland in der „Zwillingsstadt“ Narva. Die Stadt ist durch den gleichnamigen Fluss in zwei Länder geteilt und mit seiner dominanten Burganlage „Hermannsfeste“ schon seit Jahrhunderten beeindruckend martialisch. Hier endet die EU spektakulär in einem Festungsmuseum und Narva, gerühmt als eine der schönsten Kleinstädte Estlands, verliert seine Sympathie in den weiträumigen Grenzanlagen.
Ich steuere St. Petersburg an: Einreise in die Oblast Leningrad
Bei der Einreise in die Oblast Leningrad wirft mir ein Grenzer an der ersten Schranke ein kyrillisches Formular durchs Seitenfenster. Als ich dann endlich am Schalter an der Reihe bin, teile ich seinem Kollegen freundlich mit, dass ich es leider nicht lesen kann. Ob er mir bitte ein anderes geben könne? Ich bin sicher, dass es für Touristen eine lesbare Übersetzung gibt (ich bin schließlich nicht die einzige Nicht-Russin hier). Er hingegen ist sicher, dass mir Russisch schon noch einfallen wird, wenn er mich nur ignoriert. Mehrfach bitte ich höflich. Er ignoriert. Ich schüttle den Kopf, mein Lächeln gefriert und ich postiere mich direkt vor seinem Schalterfenster. Die Nachfolgenden müssen sich neben mich quetschen, um mit ihm sprechen zu können, ich rühre mich keinen Millimeter. Er ignoriert. Ich starre. Keiner lächelt. Nach mehr als einer Viertelstunde mischen sich endlich zwei Passantinnen ein, die den Grenzer mit einem Schwall Russisch überschütten. Blicklos reicht er mir eine wunderbar englische Übersetzung. Das Gefühl, bei diesem Pokerspiel gewonnen zu haben, hatte sicher keiner von uns beiden…
Aus der Ukraine nach Russland
Auch aus der Ukraine will ich mit der Bitte um „Aufnahme“ auf russisches Territorium über die Grenze. An der ukrainischen Ausreise-Schranke hatte ich noch ein lustiges Gespräch über unser abgefahrenes Reiseziel (Tadschikistan). Ich habe eine Unterschrift des Grenzers zu meiner Sammlung auf der Motorhaube bekommen und dazu einen leckeren Schnaps – und wurde stimmungsmäßig abrupt auf den Boden geholt, als die Straße zwar deutlich besser, die Laune analog dazu schlechter wurde. Russischen Soldaten verweisen stets mit grimmiger Miene auf beobachtende Kameras und halten ihre Kalaschnikows wie ein Schutzschild zwischen die Reisenden und sich. Als ich das wichtige Formular mit meinem grünen Stift ausfülle, werde ich barsch darauf hingewiesen, dass es in Blau abzugeben sei. Entschuldigend lächelnd reiche ich ihm das neu ausgefüllte, farblich gewünschte Formular. Tja, ich habe mich in einer Zeile vertan, muss das Formular also noch mal ganz neu ausfüllen. Auch beim dritten neuen Formular kann der blutjunge Soldat mein Lächeln nicht erwidern, sondern bellt „grosses mistäik!“ durch das kleine Glasfenster. Immerhin darf ich gnädig in sein Land.
Cool bleiben und immer weiter lächeln ist meine Devise
Vielleicht ist es russischen Grenzern einfach verboten, Freundlichkeit (Menschlichkeit?) zu zeigen? Mir egal: ich will immer wieder ins dieses Land und trotz aller Ruppigkeit und trotz vieler Stunden, die ein Grenzübergang kostet, werde ich immer wieder cool bleiben und so gut es geht das Lächeln behalten. Mal sehen, ob ich vielleicht irgendwann mein Lächeln gespiegelt bekomme…

Der russische Grenzübertritt mit Wohnmobil oder Van
Wenn man pro Übertritt mit mehreren Stunden rechnet und sich auf die grimmige Atmosphäre einstellt, ist es im Prinzip leicht, die Grenze unkompliziert zu überqueren. Geduld, Ruhe und gute Laune – und zur Not gibt es einen Kaffee aus der eigenen Küche, ein gutes Buch oder gar einen kleinen Schlummer… dafür sind wir mit einem Wohnmobil unterwegs, dass wir auch hier eine gute Zeit verbringen können.
Über die Grenze mit dem eigenen Fahrzeug
Es gibt keinen Unterschied zum Grenzübertritt mit einem Wohnmobil zu einem normalen Kfz. An den meisten Grenzen müssen die Beifahrer zu Fuß durch die Grenzanlagen gehen und der Fahrer alleine in der Schlange ausharren. Während sich die Fußgänger über oft mehrere Stationen durch”kämpfen” müssen, muss der Fahrer auf alle Fragen zum Auto, zum Einreisegrund, zur Verzollung (Waffen, Drogen, Menschen) antworten und die (oft sehr genaue) Durchsuchung ertragen mitmachen.
Benötigte Dokumente für die Einreise nach Russland
» Reisepass
Gültigkeit von mindestens 6 Monaten über den Ausreisezeitpunkt hinaus. Achte darauf, dass noch zwei leere Seiten vorhanden sind.
» Visum
Dies kann nicht an der Grenze beantragt werden, sondern muss bei Einreise vorliegen (d.h. bereits im Reisepass kleben)
» Grüne Karte
Für das Kfz muss die grüne Karte für Russland vorgezeigt werden, oder eine Zusatzversicherung gekauft werden (gibt es in oder nach den Grenzanlagen in kleinen Hütten)
» Am unkompliziertesten ist es, wenn der Halter des Wagens am Steuer sitzt. Wenn das Fahrzeug nicht vom Halter gefahren wird, z.B. ein Mietauto, wird eine sehr gute russische Übersetzung der Kfz-Dokumente empfohlen.
» Bei der Einreisekontrolle wird eine sog. Migrationskarte (ein kleiner Zettel) ausgestellt, die vom Reisenden zu unterzeichnen, im Pass mitzuführen und bei der Ausreise wieder abzugeben ist. Nicht verlieren!!
Das Auswärtige Amt gibt auf seiner Webseite wertvolle Hinweise zur Einreise nach Russland:
„Reisenden wird empfohlen, den Reisepass samt Visum, Migrationskarte und dem abtrennbaren Teil des Anmeldeformulars zu fotokopieren / zu fotografieren und sicher aufzubewahren. Dadurch kann – insbesondere bei Verlust der Originaldokumente – nachgewiesen werden, dass die Regeln der Anmeldung befolgt worden sind.“

Beantragung des Russland Visum
» Das Visum kann direkt bei den russischen Botschaften bestellt werden.
» Oder Du beantragst es online bei verschiedenen Agenturen. Da man zum Einkleben des Visum seinen Reisepass aus der Hand geben muss, sollte man sich an eine vertrauenswürdige, akkreditierte Agentur wenden.
» Das Visum für Russland gilt für maximal 30 Tage
(der Einreisetag kann selbst bestimmt werden),
» Optional kann eine 1- oder 2-malige Einreise bestellt werden
(was beispielweise Sinn macht, wenn man wie ich entlang der Ostsee fährt und zuerst die Oblast Kaliningrad durchquert und dann St. Petersburg besuchen möchte).
» Der Preis berechnet sich nach gewünschter Schnelligkeit der Bearbeitung
(es gibt Stufen von 15 Werktagen bis 3 Stunden-Express) und Einreisehäufigkeit
Benötigte Unterlagen zur Visabeantragung
» Eine Auslandskrankenversicherung
» Einen gültigen Reisepass, der nach festgelegtem Ausreisedatum noch mindestens 6 Monate Gültigkeit hat. Dazu muss er (für Visum und diverse Stempel) mehrere freie Seiten haben.
(der Pass muss an die Agentur oder Botschaft abgegeben werden, um das Visum eingeklebt zu bekommen)
» Passfoto
(biometrisch und nicht älter als 2 Jahre)
» Rückkehrwilligkeit & Einladung
Dies ist zum einen eine Bescheinigung, dass man in Deutschland einer festen Arbeit nachgeht oder sonstige Geldquellen bezieht bzw. einen Grund hat, ins Heimatland zurückzukehren. Und zum zweiten braucht man eine offizielle Einladung / Reisebestätigung eines russischen Reiseveranstalters (mit Angaben über die Reise, deren Ablauf und Informationen über die Reisenden). Diesen sehr nervigen Papierkram kann (gegen Extragebühr) ein beauftragte Agentur übernehmen (und damit für den Antragsteller die Haftung).