Alleine reisen mit Van im Iran Alleinreisen Blog

Roadtrip: Allein reisen mit dem Van durch den Iran

3 Monate Roadtrip, davon 4 Wochen im Iran – 16.000 Kilometer allein

Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern die Erkenntnis, dass es etwas gibt, das wichtiger ist als die Angst.”

(Ambroise Redmoon)

Mein Roadtrip fand im Sommer 2022 statt. Ich hatte unfassbares Glück, denn ich bin 2 Wochen vor dem schrecklichen Tod von Masah, der die Unruhen auslöste, ausser Landes gefahren. In meinem Monat im Iran hatte ich zwar einige ungemütliche Begegnungen mit der “Sittenpolizei”, aber keine wirklich gefährlichen Situationen, obwohl das Kopftuch mein täglicher Feind war (siehe mein Bericht unten).

Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich nicht mehr unbedingt (alleine als Frau) ins Land fahren, eben weil die Stimmung weiterhin sehr (!) angespannt ist. Aber schon bei der allernächsten Gelegenheit werde ich dieses Land wieder bereisen: es ist der absolute Traum. Und die Menschen, die ich treffen durfte, waren pure Herzbegegnungen! Absolute Reiseempfehlung von mir!

Mein Solo-Roadtrip 2022

Deutschland -> Österreich -> Ungarn -> Rumänien -> Bulgarien -> Türkei -> Iran -> Türkei -> Georgien -> mit der Fähre übers Schwarze Meer -> Bulgarien -> Serbien -> Kroatien -> Slowenien -> Österreich -> Deutschland

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Mit dem eigenen Wohnmobil oder Van in den Iran reisen

Um mit dem eigenen Fahrzeug (Wohnmobil, Van, Auto, Motorrad) in den Iran einreisen zu dürfen, benötigt man ein Carnet de Passages. Dies zu beantragen bedeutet zwar etwas Planung und Aufwand, ist aber wirklich einfacher und unkomplizierter, als gedacht.

Alle Tipps fürs Carnet de Passages

Alle meine Erfahrungen und Tipps in meinem Artikel über das Carnet des Passages geschrieben. Ich kann Dir nur raten; Dich von dem Aufwand nicht abschrecken zu lassen… es lohnt sich unbedingt, wenn Du im eigenen Fahrzeug mal richtig weit weg willst!

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Mein Reiseblog: Solo Roadtrip in den Iran

Oder: wie ich vier Wochen mit dem Kopftuch kämpfe

Da stehe ich im heißen Staub des östlichsten Anatoliens, Kaffee in der Hand und dicht an meinen Van gelehnt, um mich vor dem brennenden Wind zu schützen. Die Hitze umhüllt mich, das Blech des Autos glüht, die Luft flirrt über dem Schotterboden und die vorbei donnernden LKW verteilen den Staub auf Van & Fahrerin. Der Mount Ararat zwinkert mir zurück und ich schwitze. Und hadere. Seit Tagen kreisen meine Gedanken darum, ob es wirklich die richtige Idee ist, zu dieser Jahreszeit (August), mit diesem Auto und alleine (als Frau) in den Iran zu wollen.

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Mein Van ist allein schon Herausforderung genug. Eigentlich.

Sechs Wochen bin ich inzwischen mit meinem russischen Van, einem UAZ Buchanka, unterwegs und hatte bereits acht Werkstatt-Stopps. Dazu unzählbare Stunden, in denen ich über diverse Kfz-Probleme grübeln, selbst schrauben oder mir per Mail Rat holen musste. Mehrere technische Dramen begleiten mich seit dem ersten Tag, dazu eine Abschleppaktion, weil der Benzinschlauch abgefallen war… Nervt natürlich. Meist kann ich allerdings über die Komplikationen (im Nachhinein) grinsen, weil meine Pannen oder Schwierigkeiten häufig zu lustigen Begegnungen werden. Auch die Türkei hat mir wieder bewiesen, wie hilfsbereit und unfassbar freundlich die Menschen sind, wenn man auch in stressigen Momenten Geduld und gute Laune behält. In den Werkstätten trinke ich viel Chai und Bier mit den Mechanikern, die sich nicht nur über mein Exoten-Auto lustig machen („Why Russia? You are German!“) sondern wahrscheinlich ebenso über mich. Egal: ich habe viel zu lachen und bin einfach sicher, dass mir bei Pannen auch im Iran ebenso die Hilfe zufliegen wird. Irgendwie.

Roadtrip bei über 40 Grad – und dazu noch verhüllen?

Was mich in diesem Moment tatsächlich bremst, über die nahe Grenze zu fahren: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, mir in dieser Hitze etwas langärmeliges, hochgeschlossenes, knöchellanges (eigentlich gehören auch noch Leggins drunter) anzuziehen. Und dazu das Kopftuch. Es sind über 40 Grad und ich soll mich verhüllen? Mir graut es.

Aber was solls – ich will ja was sehen von der Welt und deswegen: los! Nach strapazierendem Grenzübergang (mit Kopftuch) erreiche ich Tabriz in Dunkelheit und finde erst nach einigem Gefluche den „Campingplatz“. Mein (TomTom-)Navi hat ärgerlicherweise keine iranischen Karten und als Alternative ist GoogleMaps im hektischen Großstadtgewimmel nicht exakt genug, um rechtzeitig die richtigen Abzweigungen anzusagen. Mehrere Male muss ich deswegen regelwidrige U-Turns machen oder mich mit Handzeichen durch die Autos drängeln. Aber statt Verärgerung bekomme ich Lächeln und fröhliches Winken. Mein Auto ist einfach ein Freundlichkeits-Garant, ein Herzensöffner.

Iranisches Camping heisst: Zelten auf dem Parkplatz

Wie ich an diesem Abend lerne, heißt iranischer „Campingplatz“: ein Parkplatz mitten in der Stadt, der allabendlich von Familien belagert wird. Direkt neben den Autos werden Picknickdecken ausgebreitet und mit bergeweise Köstlichkeiten bedeckt. Übernachtet wird im kleinen PopUp-Zelt daneben. Die Stimmung ist friedlich, fröhlich, familiär. Neben meinem Van „Hugo“ komm ich mit drei jungen Frauen ins Gespräch, die mich über meine Reise ausfragen. Sie reichen Tee und Gebäck und sind ganz offensichtlich froh, dass ihre Eltern kein Wort unseres englischen Gesprächs über ihre Wünsche und Träume des Alleinreisens verstehen. Ich sehe heimliche Tränen in ihren Augen blitzen als sie erzählen, dass sie wahrscheinlich niemals allein im Van werden reisen dürfen. Instagram ist auch im Iran weit verbreitet und wer weiß, wie viele Iranerinnen sich nach (Solo-) Vanlife sehnen… Ich bin traurig und hilflos und nur der Vater entbindet mich einer Reaktion, weil er seine Mädels streng zu sich ruft.

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Ich liebe das Fahren im Chaos!

Auch wenn die Navigation selbst bei Tag anstrengend bleibt – ich liebe das Fahren im Chaos, im Flow. Mit Gelassenheit steuere ich einhändig und habe dabei noch genug Zeit, um zu fotografieren, zu navigieren und vor allem zu reagieren: respektvolle Gesten, Strahlen, freundliche Rufe, Daumen hoch… Ich fühle mich fröhlich willkommen und winke und lächle und schlängle mich durch den wilden Verkehr – immer konzentriert auf die vielen Schlaglöcher, Schotterabschnitte und „Speed-Bumper“, die willkürlich auf den Straßen verteilt liegen.

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Jede Gelegenheit nutze ich zum Plaudern. Beim Tanken, Einkaufen, wenn ich kurz am Straßenrand Rast mache oder zum Feierabend neben meinem Bus stehe… ich werde unaufhörlich freundlich angesprochen oder beginne selbst ein Gespräch. Auch wenn es oft anstrengend ist, weil ich unter permanentem „Kontakt-Feuer“ stehe – es ist meine Art des Reisens und dafür bin ich hier: den Austausch. Fast alle sprechen gutes bis sehr gutes Englisch und wenn nicht, ist der Gebrauch von Google Translator ein geübtes Tool. Ich frage meine Gegenüber über das iranische Leben aus, über die politische Situation und jedes Mal über das Kopftuch. Meine wichtigste Frage: Soll ich das Kopftuch tragen, um (als Gast im Land) dem Staat Respekt zu zollen? Oder soll ich es (als „freie“ Touristin) nicht tragen, um denen meine Unterstützung zu zeigen, die seit Jahren gegen den Hijab-Zwang kämpfen? Ich dürfe frei entscheiden, bekomme ich als Antwort, denn als Touristin würde mir nichts passieren. Wahrscheinlich. Hoffentlich. Sie zeigen mir die Autos mit den grünen Nummernschildern der „Sitten- oder Religionspolizei“, vor denen ich mich bitte in Acht nehmen solle.

Es sind auch die Männer gegen den verordneten Hijab

Nicht nur die Frauen und Mädchen freuen sich über meinen Wunsch, ein Zeichen der Solidarität zu setzen, auch die Männer beklagen sich über das Kopftuch als Repression des Staates. Also lasse ich immer wieder das Kopftuch in den Nacken rutschen. Mit großem Herzklopfen und dem Gefühl, etwas Unerhörtes zu tun. Und ich genieße dabei – neben meinem Trotz! – das luftigere Gefühl so sehr. Welch ein Unterschied, wenn sich die Hitze nicht unter dem Tuch staut, sondern die Brise durchs Haar streift.

In Isfahan sehe ich mehrere mutige Mädchen. Wir grinsen uns zu und mein Herz klopft, weil ich weiß, was sie riskieren. Auch ich spüre permanent die Beobachtung, böse oder freundliche Blicke – fühle mich aber nicht bedroht. Immer wieder lasse ich mein Haar unbedeckt. Ich werde von Turban-Männern harsch ermahnt. Ein Pärchen erzählt, wie ihr Taxi auf der Autobahn einen polizeilichen Anruf erhielt, dass es unverschleierte Fahrgäste an Bord hätte. Im Restaurant bekommt meine Gastgeberfamilie eine strenge Rüge, dass gefälligst darauf zu achten sei, wie sich ihr Gast kleidet. Ich habe ganz schön Schiss – aber ich fühle mich so solidarisch mit den iranischen Frauen. Meine Wut über diese Ungerechtigkeit ist so intensiv, dass ich mich immer wieder traue, blond zu zeigen.

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Glück und Nerv

Spätnachts am Rande einer Kleinstadt unterhalte ich mich vor meinem Van mit einem iranischen Studenten. Natürlich auch wieder über das Kopftuch. Er findet es gut, dass ich keinen Hijab trage, von ihm aus bräuchte seine Freundin auch keinen. Allerdings dürfte er wegen seiner Familie keine Frau ohne Kopftuch heiraten. Ich bin entsetzt und wir diskutieren ewig darüber. Ganz hektisch scheucht er mich das Tuch aus dem Van zu holen, als ein Polizeiauto näherkommt. Natürlich hat die “Religionspolizei” mich bereits ohne den Hijab gesehen. Aufgeregter Wortwechsel zwischen den Beamten und ihm. Es klingt hässlich & ungut und ich bin sehr froh, dass mir mein junger Gesprächspartner zu Hilfe kommt.
Ab diesem Moment bin ich wieder vorsichtiger, trage das Kopftuch korrekter. Und bin so genervt von diesem Stück Stoff – und dem, was alles dran hängt.

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Mechaniker sind meine heimlichen Götter!

Vier Wochen cruise ich durch dieses wundervolle Land. Halte mit einer Hand das Tuch auf dem Kopf, mit der anderen winke ich zurück. Und wie erwartet bringt mich mein „Hugo“ noch zwei Mal in eine Werkstatt. Die Mechaniker können nicht glauben, dass ich allein unterwegs bin. Wie allen meinen Gesprächspartnern erkläre ich, dass mich das Alleinreisen einfach beglückt. Dass ich nicht einsam bin, weil ich in jedem Moment die herzlichsten Kontakte haben darf, wenn ich das will. Dass ich mich nicht fürchte, weil ich für Sicherheit sorgen kann und dass ich mir keine Sorgen um Pannen mache, weil mir noch immer und überall geholfen wurde. Von so wunderbaren Menschen wie Euch, liebe Mechaniker!

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Der Iran hat mich zutiefst verzaubert. Die Landschaften. Die Menschen. Die Weite, Ruhe, Wüste. Die Städte (Isfahan!). Das Lächeln von so vielen Menschen, die sich augenscheinlich über meinen Besuch freuen. Ich komme wieder – und bis dahin wird sich bitte das Drama um das Kopftuch hoffentlich, hoffentlich (!) lösen und die liebenswerten Menschen frei sein.
Inshallah.

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